5. Der Spätregen wird erst fallen, wenn die Gemeindeglieder mit reuigem Herzen darum beten.

Gott möchte, dass wir um den Spätregen bitten:

Sach 10,1 Erbittet euch von dem HERRN Regen zur Zeit des Spätregens! Der HERR ist es, der die Wetterwolken macht, er lässt den Regen regnen, er gibt einem jeden Brot, Kraut auf dem Feld.

Bevor Joel die frohe Zusicherung gibt, dass Gott Früh- und Spätregen sendet (2,23), beschreibt er, was vonseiten des Volkes vorausgehen soll:

Joel 2,12 Doch auch jetzt, spricht der HERR, kehrt um zu mir mit eurem ganzen Herzen und mit Fasten und mit Weinen und mit Klagen!

13 Und zerreißt euer Herz und nicht eure Kleider und kehrt um zum HERRN, eurem Gott! …

17 Die Priester, die Diener des HERRN, sollen weinen zwischen Vorhalle und Altar und sagen [beten]: HERR, blicke mitleidig auf dein Volk und gib nicht dein Erbteil der Verhöhnung preis, sodass die Nationen über sie spotten! Wozu soll man unter den Völkern sagen: Wo ist ihr Gott?

Ellen White unterstreicht, dass die Gabe des Heiligen Geistes von Reue und dem Gebet des Glaubens abhängt.

1SM 120 Unser himmlischer Vater ist mehr bereit, seinen Heiligen Geist denen zu geben, die ihn bitten, als irdische Eltern ihren Kindern gute Gaben geben. Es ist aber unsere Aufgabe, durch Bekenntnis, Demütigung, Reue und inniges Gebet die Bedingungen zu erfüllen, die Gottes Verheißung des Segens zugrunde liegen. Eine Erweckung kann nur als Antwort auf Gebet erwartet werden.

MYP 133 Nichts fürchtet Satan so sehr, als dass Gottes Volk den Weg freimacht und jedes Hindernis entfernt, sodass der Herr seinen Geist auf eine dahinwelkende Gemeinde und unbußfertige Versammlung ausgießen kann … Böse Menschen und Teufel können Gottes Werk nicht aufhalten oder seine Gegenwart in den Versammlungen seines Volkes verhindern, wenn sie mit gebeugten, zerbrochenen Herzen ihre Sünden bekennen und ablegen und im Glauben seine Verheißungen beanspruchen.

4. Es ist die Ausgießung des Heiligen Geistes im Spätregen, die das Werk auf der Erde zur Reife bringt.

Hos 6,3 So lasst uns ihn erkennen, ja, lasst uns nachjagen der Erkenntnis des HERRN! Sicher wie die Morgenröte ist sein Hervortreten. Er kommt wie der Regen zu uns, wie der Spätregen, der die Erde benetzt.

Jak 5,7 Habt nun Geduld, Brüder, bis zur Ankunft des Herrn! Siehe, der Bauer wartet auf die köstliche Frucht der Erde und hat Geduld ihretwegen, bis sie den Früh- und Spätregen empfange.

Christus, der himmlische Bauer, wartet auf die „Frucht der Gerechtigkeit“ in den Gläubigen, und um sie zur Reife zu bringen, sendet er Regen – ein Bild für den Heiligen Geist. Wie der Frühregen ein Bild für die besondere Ausgießung des Geistes zu Pfingsten war, so ist der Spätregen ein Bild für die besondere Geistesfülle, die Gott seinem Volk gegen Ende der Weltgeschichte schenken wird. Früh- und Spätregen sind beide notwendig, sowohl für jeden persönlich als auch für den Erlösungsplan als Ganzes.

TM 506 Der Spätregen bringt die Ernte der Erde zur Reife. Er steht für die geistliche Gnade, die die Gemeinde auf das Kommen des Menschensohnes vorbereitet. Doch wenn nicht zuvor der Frühregen fällt, entsteht kein Leben; der grüne Halm sprießt nicht auf. Nur wenn der erste Regen sein Werk getan hat, kann der Spätregen den Samen auch zur Vollendung bringen.

3. Christus kann nicht wiederkommen, solange sein Erlösungswerk im Himmel und auf der Erde nicht abgeschlossen ist.

Das Erlösungswerk im Himmel ist die am 22. Oktober 1844 begonnene Reinigung des Heiligtums von den Sünden der Gläubigen, wie sie im alttestamentlichen Versöhnungstag vorgeschattet war. Der Abschluss dieser Reinigung ist zugleich das Ende von Jesu Mittlerdienst und der Gnadenzeit für die Menschheit. Weil Vergebung dann nicht mehr möglich ist, sorgt Gott vorher dafür, dass sie auch nicht mehr nötig ist: Er reinigt das Herz der Gläubigen so vollständig von Sünde, dass sie lieber sterben würden, als Gottes Gesetz zu übertreten. Dies ist nichts anderes als die Erfüllung des Neuen Bundes:

Hes 36,25 Und ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet rein sein; von all euren Unreinheiten und von all euren Götzen werde ich euch reinigen …

27 … und ich werde machen, dass ihr in meinen Ordnungen lebt und meine Rechtsbestimmungen bewahrt und tut.

Die Reinigung des himmlischen Heiligtums kann erst dann abgeschlossen werden, wenn die Ursache für seine Verunreinigung – die Sünden der Gläubigen – beseitigt worden ist. W. D. Frazee drückte es einmal so aus: Die Wäscherei kann erst schließen, wenn wir gelernt haben, unsere Kleider reinzuhalten. Wie wird Gott das erreichen?

Maleachi schreibt über eine Zeit, wo „der Herr plötzlich [= unerwartet] zu seinem Tempel kommt“ (Mal 3,1). Dies erfüllte sich in der Enttäuschung von 1844, als Christus unerwartet das Allerheiligste betrat, statt auf die Erde zu kommen. Seine Aufgabe in dieser abschließenden Phase des Heiligtumsdienstes seit 1844 betrifft auch die Gemeinde auf der Erde (die „Söhne Levi“):

Mal 3,3 Und er wird sitzen und das Silber schmelzen und reinigen, und er wird die Söhne Levi reinigen und sie läutern wie Gold und wie Silber, sodass sie Männer werden, die dem HERRN Opfergaben in Gerechtigkeit darbringen.

Wie schon in Hesekiel 36 führt die hier geschilderte Reinigung zur „Gerechtigkeit“, also zum Gehorsam gegen Gottes Gebote. Ellen White beschreibt den gleichen Zusammenhang im Großen Kampf. Sie zitiert zuerst denselben Vers (Mal 3,3) und schreibt dann über die Gläubigen in der Endzeit:

GK 427 Während das Untersuchungsgericht im Himmel vor sich geht, während die Sünden reumütiger Gläubiger aus dem Heiligtum entfernt werden, muss sich das Volk Gottes auf Erden in besonderer Weise läutern, d. h. seine Sünden ablegen … Dann wird die Gemeinde, die der Herr bei seinem Kommen zu sich nehmen wird, herrlich sein, eine Gemeinde, „die nicht habe einen Flecken oder Runzel oder des etwas“ (Eph 5,27).

Das Erlösungswerk im Himmel und auf der Erde geht also Hand in Hand. Erst wenn Gottes Gemeinde auf der Erde vollständig gereinigt ist – ohne „einen Flecken oder Runzel“ auf dem Kleid ihres Charakters –, wird Jesus seinen Dienst im Himmel beenden. Und dann erst kann er wiederkommen.

Ich möchte hinzufügen, dass es niemals die ganze Gemeinde sein wird, die am Ende vollständig gereinigt und dann versiegelt wird, ebenso wie auch im Alten Israel „nur ein Überrest“ gerettet wurde (Röm 9,27). Die Bibel lehrt klar, dass in der Gemeinde Unkraut und Weizen nebeneinander wachsen und es erst kurz vor der Wiederkunft zu einer Sichtung der Gläubigen kommen wird, wo zuerst das Unkraut zur Verbrennung zusammengelesen und dann der Weizen in Gottes Scheune gesammelt wird (Mt 13,30).

Dennoch sehnt sich Jesus danach, dass möglichst jeder Einzelne gerettet wird, und beweist daher außerordentliche Langmut im Warten auf Sein Adventvolk. Einen Eindruck vom Aufschub der letzten Entscheidung vermittelt das Kapitel „Die Versiegelung“ aus Erfahrungen und Gesichte:

EG 28f. (rev.) Ich sah vier Engel, die ein Werk auf der Erde zu tun hatten und im Begriff waren, es auszuführen. Jesus war mit priesterlichen Gewändern bekleidet. Er blickte in Mitleid auf die Übrigen, erhob dann seine Hand und rief mit einer Stimme tiefsten Erbarmens: „Mein Blut, Vater, mein Blut, mein Blut, mein Blut!“ Dann sah ich, wie von Gott, der auf dem großen, weißen Thron saß, ein helles Licht kam und über Jesus ausgegossen wurde. Hierauf sah ich einen Engel mit einem Auftrag von Jesus schnell zu den vier Engeln fliegen, die ein Werk auf der Erde zu tun hatten; er schwang etwas in seiner Hand auf und ab und rief mit lauter Stimme: „Halt! Halt! Halt! Halt! bis die Knechte Gottes versiegelt sind an ihren Stirnen.“

Ich fragte meinen begleitenden Engel nach der Bedeutung des Gehörten und was die vier Engel hätten tun wollen. Er sagte mir, dass Gott die Mächte zurückhalte und dass er den Engeln Befehle über Dinge auf der Erde gab; dass die vier Engel Macht hätten von Gott, die vier Winde der Erde zu halten, und dass sie diese hätten loslassen wollen. Aber während sie ihre Hände lösen und die Winde anfangen zu blasen wollten, blickte das gnädige Auge Jesu auf den Rest, der nicht versiegelt war, und er erhob seine Hände zu dem Vater und hielt ihm vor, dass er sein Blut für sie vergossen habe. Dann wurde ein anderer Engel beauftragt, schnell zu den vier Engeln zu fliegen und ihnen Halt zu gebieten, bis die Knechte Gottes an ihren Stirnen mit dem Siegel des lebendigen Gottes versiegelt wären.

Wie oft sich diese Szene im Himmel seit 1844 wohl schon wiederholt hat …? Und warum eigentlich werden die vier Engel losgeschickt, während einige der „Übrigen“ noch gar nicht versiegelt sind? Wenn die Versiegelung ganz unabhängig von unserem Glaubenswandel geschehen würde, ließe sich das nur mit fehlerhafter Koordination im Himmel erklären – was selbstverständlich ausgeschlossen ist. Dann aber kann die Aussendung der vier Engel, um die Winde loszulassen (und damit die Gnadenzeit zu beenden), nur bedeuten, dass alle Gläubigen bereits Gelegenheit gehabt haben, sich auf die Versiegelung vorzubereiten, aber nicht alle sie genutzt haben – und dann wäre Jesu Berufung auf Sein Blut nichts anderes als eine spontane, aus tiefstem Mitgefühl erwirkte Verlängerung der Gnadenzeit für uns als Gemeinde.

Ellen White hatte die oben beschriebene Vision im Jahr 1849. Unter These 2 hatten wir in Evangelisation, S. 695, gelesen, dass Christus eigentlich schon kurz nach 1844 wiederkommen wollte. Fast 25 Jahre später (1868) schrieb sie:

2T 194 Die lange Nacht der Finsternis ist nicht einfach, doch der Morgen wird aus Gnade aufgeschoben, weil so viele gar nicht bereit wären, sollte der Meister kommen. Der Grund für die lange Verzögerung ist, dass Gott nicht willens ist, sein Volk umkommen zu lassen.

Wenn rund 25 Jahre schon eine „lange Verzögerung“ waren, was sollen wir im Jahr 2019 sagen – 175 Jahre nach 1844, nachdem sich die „lange Verzögerung“ bereits sieben Mal wiederholt hat? Es ist wahrlich unglaublich, wie groß Gottes Mitleid mit Seiner wankelmütigen Gemeinde ist. Wer wollte es angesichts dieser Situation darauf anlegen, eine persönliche, „tiefe Buße“ weiter aufzuschieben oder es bei einer oberflächlichen Hinwendung zu Gott zu belassen?

2. Weil die Buße bislang nicht vollständig gewesen ist, ist die Wiederkunft Jesu aufgehalten worden.

Die Adventgemeinde ist heute in dem dramatischen Zustand, dass viele nicht allein in Unkenntnis darüber sind, was die Wiederkunft Jesu beschleunigt oder verzögert, sondern generell bezweifeln, dass Menschen den Zeitpunkt des zweiten Kommens Jesu beeinflussen können. Dabei sagt die Bibel, dass die Gemeinde das Weltende sowohl beschleunigen als auch (durch Unbußfertigkeit) verzögern kann:

2Pe 3,9 Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten, sondern er ist langmütig euch gegenüber, da er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Buße kommen.

10 Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb; an ihm werden die Himmel mit gewaltigem Geräusch vergehen, die Elemente aber werden im Brand aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr im Gericht erfunden werden.

11 Da dies alles so aufgelöst wird, was für Leute müsst ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit,

12 indem ihr die Ankunft des Tages Gottes erwartet und beschleunigt, um dessentwillen die Himmel in Feuer geraten und aufgelöst und die Elemente im Brand zerschmelzen werden!

Während mangelnde Buße Gott in seiner langmütigen Liebe dazu bringt, die Gnadenzeit für die Adventgemeinde zu verlängern, „da er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen“, führt echte Buße dazu, dass Gott uns zu „heiligem Wandel und Gottseligkeit“ befähigt, wodurch wir am „Tag des Herrn“ bestehen können.

Es geht aber um weit mehr als die eigene Rettung: Ein heiliges Leben zur Ehre Gottes hat enormen Zeugnischarakter und befeuert den Missionsauftrag. Schwester White schreibt dazu:

BRG 51 Jeder Christ darf die Wiederkunft seines Herrn nicht nur freudig erwarten, sondern kann sie sogar beschleunigen (2Pe 3,12). Trügen alle, die seinen Namen bekennen, auch Frucht zu seiner Ehre, dann könnte auf der ganzen Welt in Windeseile der Same des Evangeliums ausgestreut werden. In Kürze wäre dann die große Ernte reif, und Christus käme, um den kostbaren Weizen einzubringen.

Wenn das Evangelium eigentlich „in Windeseile“ weltweit verkündet werden, „in Kürze“ die Welternte reif sein und Christus kommen könnte, dann kann es für die lange Verzögerung der Wiederkunft seit 1844 nur einen Grund geben: Die Gemeinde hat die erwähnte Voraussetzung – nämlich „Frucht zu Gottes Ehre“ zu tragen – bisher nicht (ausreichend) erfüllt. Die Frucht eines Christen ist „Gerechtigkeit“, ein christusähnlicher Charakter:

2Kor 9,10 Der aber Samen darreicht dem Sämann und Brot zur Speise, wird eure Saat darreichen und mehren und die Früchte eurer Gerechtigkeit wachsen lassen.

Diesen Mangel an praktischer Gerechtigkeit soll die Botschaft an Laodizea bewusst machen, indem sie unsere „Nacktheit“ ebenso aufzeigt wie die Quelle wahrer Gerechtigkeit: das „weiße Kleid“, das Christus gerne jedem gibt, der „eifrig Buße tut“ (die wiederum auch ein Geschenk von Ihm ist) und bereit ist, seinen Glauben „wie Gold läutern“ zu lassen (was Teil von Jesu gegenwärtigem Priesterdienst ist).

1883, fast 40 Jahre nach der großen Enttäuschung von 1844, aus der später die Siebenten-Tags-Adventisten entstanden, schrieb Ellen White:

Ev 695f. Hätten die Adventisten nach der großen Enttäuschung von 1844 an ihrem Glauben festgehalten und wären sie geeint Schritt für Schritt der Vorsehung Gottes gefolgt, indem sie die Botschaft des dritten Engels empfangen und sie in der Kraft des Heiligen Geistes der Welt verkünden, hätten sie das Heil Gottes gesehen. Er hätte ihre Bemühungen mit großer Macht begleitet, das Werk wäre zum Abschluss gekommen und Christus bereits wiedergekommen, um seinem Volk den Lohn auszuteilen …

40 Jahre lang schlossen Unglaube, Murren und Auflehnung das alte Israel vom Land Kanaan aus. Dieselben Sünden haben den Eintritt des heutigen Israel in das himmlische Kanaan verzögert. In beiden Fällen lag das Problem nicht bei Gottes Verheißungen. Es ist der Unglaube, die Weltlichkeit, mangelnde Hingabe und der Streit unter Gottes bekenntlichem Volk, die uns seit so vielen Jahren in dieser Welt von Sünde und Leid halten.

Im 1903 veröffentlichten Buch Erziehung schrieb sie über „Beschleunigung oder Behinderung“ unserer weltweiten Mission:

Erz 241f. Wer überlegt, was die Beschleunigung oder Behinderung der Evangeliumsverkündigung wohl für Folgen haben könnte, tut dies meist im Hinblick auf die Welt und sich selbst. Wenige denken dabei an Gott …

Unsere Welt ist ein großes Krankenlager, sie bietet ein Bild des Elends, das wir nicht in unsere Gedankenwelt aufzunehmen wagen. Sähen wir sie so, wie sie wirklich ist, dann wäre die Belastung zu schrecklich. Doch Gott fühlt bei allem mit. Um die Sünde und ihre Auswirkungen zu vernichten, gab er sein Liebstes dahin. Er hat uns die Macht gegeben, in Zusammenarbeit mit ihm dieses Trauerspiel zum Abschluss zu bringen.

Wenn Gott es in unsere Macht gelegt hat, als seine Mitarbeiter das Trauerspiel dieser Welt zu beenden, dann tragen wir und unsere Vorväter auch die Verantwortung für dessen unnötige Verlängerung und die damit verbundene Tragik. Diese Erkenntnis sollte für uns ein heilsamer Schock sein und uns zu „eifriger Buße“ aufrütteln!

1. Als unser Herr und Erlöser der Adventgemeinde sagte: „Sei nun eifrig und tue Buße!“ (Off 3,19), hat er gewollt, dass diese Buße das ganze Leben der Gläubigen erfasst.

Vordergründig beginnt die erste These mit der Buße, weil Luthers 95 Thesen damit begannen. Auch die Formulierung ist Luthers These entlehnt. Hintergründig ist Buße ein unverzichtbarer, aber unterschätzter Bestandteil des Evangeliums, denn ein Mangel an echter Reue lässt die Kraft des Evangeliums gar nicht erst zur Entfaltung kommen. Sowohl Johannes der Täufer als auch Jesus begannen daher ihre Verkündigung mit dem Aufruf an Gottes Volk zur Buße, ebenso die ersten Christen nach Pfingsten.

Mt 3,1 In jenen Tagen aber kommt Johannes der Täufer und predigt in der Wüste von Judäa

2 und spricht: Tut Buße! Denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen.

Mt 4,17 Von da an begann Jesus zu predigen und zu sagen: Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen!

Apg 2,37 Als sie aber das hörten, drang es ihnen durchs Herz, und sie sprachen zu Petrus und den anderen Aposteln: Was sollen wir tun, ihr Brüder?

38 Petrus aber sprach zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden! Und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.

Auch die Botschaft an die letzte der sieben Gemeinden lautet: „Sei nun eifrig und tue Buße!“ Im Neuen Testament bezieht sich „Eifer“ (griech. zelos) meist auf eine Beziehung und wird entsprechend auch mit „Eifersucht“ oder „Neid“ wiedergegeben. Eifersucht will die Exklusivität – sie ist nicht bereit, eine Person mit jemand anders zu teilen. Gott ist mit seinem Volk eine exklusive Beziehung eingegangen: eine Ehe (2Kor 11,2). Er hat alles für seine Braut gegeben, und dieselbe ungeteilte Hingabe wünscht er sich von ihr: „Eifer“ für den Einen, Abkehr von allen „anderen Göttern“ (2Mo 20,3). Nur in dieser Entschiedenheit hat der Ehebund mit Gott Zukunft. Die Ungeteiltheit in der Beziehung mit Christus ist der Adventgemeinde verloren gegangen, und sie wieder herzustellen, ist Aufgabe des göttlichen Briefes an Laodizea (Off 3,15-22).

Die Adventgläubigen nach 1844 hatten die Laodizea-Botschaft zuerst auf die sonntaghaltenden Kirchen angewandt. Doch bereits 1852 schrieb Ellen White über die damaligen Adventisten, diese Botschaft sei „eine perfekte Beschreibung ihres gegenwärtigen Zustands“ (RH, 10.6.1852). 1857 erhielt sie eine ausführliche Vision über Laodizea, in der es u. a. heißt:

FS 257 Ich sah, dass das Zeugnis des treuen Zeugen [die Laodizea-Botschaft] nicht halb beachtet worden ist. Das ernste Zeugnis, von dem das Schicksal der Gemeinde abhängt, ist nur oberflächlich geschätzt, wenn nicht gänzlich missachtet worden. Dieses Zeugnis muss tiefe Reue bewirken; alle, die es wirklich annehmen, werden ihm gehorchen und gereinigt werden.

Ein Mangel an „Gehorsam und Reinheit“ im Leben deutet demnach auf ein tieferes Problem hin, nämlich dass „tiefe Reue“ fehlt.