86. Wer sein Leben liebt, hasst den Tod; wer Jesus liebt, hasst seine Sünden, weil sie den Heiland ans Kreuz brachten und jedes Mal neu verletzen.

Ich kann mich des Eindrucks einfach nicht erwehren, dass auch als Christen unsere Angst vor dem Tod oft deutlich größer ist als unser Hass gegen die Sünde. Und dieser Eindruck wird genährt durch den Umstand, dass so viele von uns mit einer „Erlösung“ zufrieden zu sein scheinen, die ihnen den zweiten Tod erspart, ihr Leben in dieser Welt aber nicht frei von Sünde machen kann. Viele lesen Verse wie

Röm 5,1 Da wir nun aus Glauben gerechtfertigt sind, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus …

Röm 8,1 Also gibt es jetzt keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind …

und sehen als Grund für diesen „Frieden mit Gott“ allein die ihnen zugerechnete Vollkommenheit Jesu, die sie sündlos vor dem Vater stehen und straffrei ausgehen lässt. Dass sie womöglich immer noch die gleichen Sünden und Charakterschwächen ausleben wie vor ihrer Bekehrung und nach ihrem Bibelverständnis auch nicht mit einer grundlegenden Veränderung zu rechnen ist („Wir bleiben Sünder bis zum Schluss“), kann ihren „Frieden“ kaum trüben.

Dies scheint mir doch ein sehr egozentrischer Umgang mit dem Heil zu sein, bei dem die größte Seelenlast die eigene Errettung ist und man sich wenig Mühe macht nachzufühlen, welch hohen Preis Gott für die Sünde gezahlt hat und welches Leid sie bis zum heutigen Tag in Sein Herz bringt – nicht nur in den furchtbaren Stunden in Gethsemane und auf Golgatha, sondern jeden Moment! Wir sprechen viel vom Gott der Liebe – zu Recht. Doch Gottes unendliche Liebe zu Seinen Geschöpfen und sogar zum gefallenen Sünder hat eine Kehrseite, und das ist Sein Hass gegen die Sünde, gegen die Übertretung Seines heiligen, vollkommenen und ewigen Gesetzes. Von Jesus bezeugt die Schrift:

Heb 1,9 Du hast Gerechtigkeit geliebt und Gesetzlosigkeit gehasst …

Ich kann nicht gegenüber etwas gleichgültig sein – es achselzuckend als „Schicksal“ akzeptieren, da wir nun einmal eine gefallene Natur haben –, was mein Erlöser so entschieden und kompromisslos ablehnt und sogar hasst! Anders gesagt: Meine Haltung gegenüber der Sünde offenbart meine Haltung gegenüber Jesus. Gleichgültigkeit gegenüber der Sünde (einschließlich der „kleinen“ Gewohnheitssünden) ist Gleichgültigkeit gegenüber Jesus. Sie offenbart einen Mangel an Liebe für meinen Heiland. Sie zeigt auch ein unzureichendes Verständnis der Gerechtigkeit Gottes. Niemand, der in einer lebendigen Beziehung mit Christus steht – wie die Rebe am Weinstock hängt und von deren Lebenssaft trinkt –, kann eine solche Haltung pflegen. Und niemand kann in einer solchen Haltung gerettet werden.

Die Bibel erklärt sehr einfach, wie Sünde, Tod und Rettung zusammenhängen: Tod ist die Folge von Sünde. Daher bedeutet Rettung vom Tod immer auch Rettung von Sünde. Freispruch vom Todesurteil ohne gründliche Befreiung und Reinigung von der Sünde ist eine Illusion – ja sie ist letztlich eine Aufhebung der göttlichen Gesetzmäßigkeit von Ursache und Wirkung und damit subtile Gesetzesfeindlichkeit. Die Aufspaltung von Ursache (Sünde) und Wirkung (Tod) widerspricht dem klaren Zeugnis der Schrift. Beide Elemente – Befreiung vom Tod und Befreiung von Sünde – sind ja ausschließlich in der Lebensgemeinschaft mit Christus zu finden. Das heißt: Wer eins mit Christus ist, hat beides; wer nicht mit Ihm eins ist, hat keines. Aus diesem Grund ist jede Theologie, die die untrennbare Einheit der beiden Elemente nicht widerspiegelt, eine menschliche Erfindung, die ihre Anhänger täuscht und am Ende ins Verderben bringt.

Joh 12,25 Wer sein Leben liebt, verliert es; und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben bewahren.

Liebst du Jesus? Je mehr du es tust, desto mehr und inniger wirst du wie Er „Gerechtigkeit lieben und Gesetzlosigkeit hassen“. Das wünsche ich dir und mir!

1. Als unser Herr und Erlöser der Adventgemeinde sagte: „Sei nun eifrig und tue Buße!“ (Off 3,19), hat er gewollt, dass diese Buße das ganze Leben der Gläubigen erfasst.

Vordergründig beginnt die erste These mit der Buße, weil Luthers 95 Thesen damit begannen. Auch die Formulierung ist Luthers These entlehnt. Hintergründig ist Buße ein unverzichtbarer, aber unterschätzter Bestandteil des Evangeliums, denn ein Mangel an echter Reue lässt die Kraft des Evangeliums gar nicht erst zur Entfaltung kommen. Sowohl Johannes der Täufer als auch Jesus begannen daher ihre Verkündigung mit dem Aufruf an Gottes Volk zur Buße, ebenso die ersten Christen nach Pfingsten.

Mt 3,1 In jenen Tagen aber kommt Johannes der Täufer und predigt in der Wüste von Judäa

2 und spricht: Tut Buße! Denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen.

Mt 4,17 Von da an begann Jesus zu predigen und zu sagen: Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen!

Apg 2,37 Als sie aber das hörten, drang es ihnen durchs Herz, und sie sprachen zu Petrus und den anderen Aposteln: Was sollen wir tun, ihr Brüder?

38 Petrus aber sprach zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden! Und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.

Auch die Botschaft an die letzte der sieben Gemeinden lautet: „Sei nun eifrig und tue Buße!“ Im Neuen Testament bezieht sich „Eifer“ (griech. zelos) meist auf eine Beziehung und wird entsprechend auch mit „Eifersucht“ oder „Neid“ wiedergegeben. Eifersucht will die Exklusivität – sie ist nicht bereit, eine Person mit jemand anders zu teilen. Gott ist mit seinem Volk eine exklusive Beziehung eingegangen: eine Ehe (2Kor 11,2). Er hat alles für seine Braut gegeben, und dieselbe ungeteilte Hingabe wünscht er sich von ihr: „Eifer“ für den Einen, Abkehr von allen „anderen Göttern“ (2Mo 20,3). Nur in dieser Entschiedenheit hat der Ehebund mit Gott Zukunft. Die Ungeteiltheit in der Beziehung mit Christus ist der Adventgemeinde verloren gegangen, und sie wieder herzustellen, ist Aufgabe des göttlichen Briefes an Laodizea (Off 3,15-22).

Die Adventgläubigen nach 1844 hatten die Laodizea-Botschaft zuerst auf die sonntaghaltenden Kirchen angewandt. Doch bereits 1852 schrieb Ellen White über die damaligen Adventisten, diese Botschaft sei „eine perfekte Beschreibung ihres gegenwärtigen Zustands“ (RH, 10.6.1852). 1857 erhielt sie eine ausführliche Vision über Laodizea, in der es u. a. heißt:

FS 257 Ich sah, dass das Zeugnis des treuen Zeugen [die Laodizea-Botschaft] nicht halb beachtet worden ist. Das ernste Zeugnis, von dem das Schicksal der Gemeinde abhängt, ist nur oberflächlich geschätzt, wenn nicht gänzlich missachtet worden. Dieses Zeugnis muss tiefe Reue bewirken; alle, die es wirklich annehmen, werden ihm gehorchen und gereinigt werden.

Ein Mangel an „Gehorsam und Reinheit“ im Leben deutet demnach auf ein tieferes Problem hin, nämlich dass „tiefe Reue“ fehlt.