2. Weil die Buße bislang nicht vollständig gewesen ist, ist die Wiederkunft Jesu aufgehalten worden.

Die Adventgemeinde ist heute in dem dramatischen Zustand, dass viele nicht allein in Unkenntnis darüber sind, was die Wiederkunft Jesu beschleunigt oder verzögert, sondern generell bezweifeln, dass Menschen den Zeitpunkt des zweiten Kommens Jesu beeinflussen können. Dabei sagt die Bibel, dass die Gemeinde das Weltende sowohl beschleunigen als auch (durch Unbußfertigkeit) verzögern kann:

2Pe 3,9 Der Herr verzögert nicht die Verheißung, wie es einige für eine Verzögerung halten, sondern er ist langmütig euch gegenüber, da er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle zur Buße kommen.

10 Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb; an ihm werden die Himmel mit gewaltigem Geräusch vergehen, die Elemente aber werden im Brand aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr im Gericht erfunden werden.

11 Da dies alles so aufgelöst wird, was für Leute müsst ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit,

12 indem ihr die Ankunft des Tages Gottes erwartet und beschleunigt, um dessentwillen die Himmel in Feuer geraten und aufgelöst und die Elemente im Brand zerschmelzen werden!

Während mangelnde Buße Gott in seiner langmütigen Liebe dazu bringt, die Gnadenzeit für die Adventgemeinde zu verlängern, „da er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen“, führt echte Buße dazu, dass Gott uns zu „heiligem Wandel und Gottseligkeit“ befähigt, wodurch wir am „Tag des Herrn“ bestehen können.

Es geht aber um weit mehr als die eigene Rettung: Ein heiliges Leben zur Ehre Gottes hat enormen Zeugnischarakter und befeuert den Missionsauftrag. Schwester White schreibt dazu:

BRG 51 Jeder Christ darf die Wiederkunft seines Herrn nicht nur freudig erwarten, sondern kann sie sogar beschleunigen (2Pe 3,12). Trügen alle, die seinen Namen bekennen, auch Frucht zu seiner Ehre, dann könnte auf der ganzen Welt in Windeseile der Same des Evangeliums ausgestreut werden. In Kürze wäre dann die große Ernte reif, und Christus käme, um den kostbaren Weizen einzubringen.

Wenn das Evangelium eigentlich „in Windeseile“ weltweit verkündet werden, „in Kürze“ die Welternte reif sein und Christus kommen könnte, dann kann es für die lange Verzögerung der Wiederkunft seit 1844 nur einen Grund geben: Die Gemeinde hat die erwähnte Voraussetzung – nämlich „Frucht zu Gottes Ehre“ zu tragen – bisher nicht (ausreichend) erfüllt. Die Frucht eines Christen ist „Gerechtigkeit“, ein christusähnlicher Charakter:

2Kor 9,10 Der aber Samen darreicht dem Sämann und Brot zur Speise, wird eure Saat darreichen und mehren und die Früchte eurer Gerechtigkeit wachsen lassen.

Diesen Mangel an praktischer Gerechtigkeit soll die Botschaft an Laodizea bewusst machen, indem sie unsere „Nacktheit“ ebenso aufzeigt wie die Quelle wahrer Gerechtigkeit: das „weiße Kleid“, das Christus gerne jedem gibt, der „eifrig Buße tut“ (die wiederum auch ein Geschenk von Ihm ist) und bereit ist, seinen Glauben „wie Gold läutern“ zu lassen (was Teil von Jesu gegenwärtigem Priesterdienst ist).

1883, fast 40 Jahre nach der großen Enttäuschung von 1844, aus der später die Siebenten-Tags-Adventisten entstanden, schrieb Ellen White:

Ev 695f. Hätten die Adventisten nach der großen Enttäuschung von 1844 an ihrem Glauben festgehalten und wären sie geeint Schritt für Schritt der Vorsehung Gottes gefolgt, indem sie die Botschaft des dritten Engels empfangen und sie in der Kraft des Heiligen Geistes der Welt verkünden, hätten sie das Heil Gottes gesehen. Er hätte ihre Bemühungen mit großer Macht begleitet, das Werk wäre zum Abschluss gekommen und Christus bereits wiedergekommen, um seinem Volk den Lohn auszuteilen …

40 Jahre lang schlossen Unglaube, Murren und Auflehnung das alte Israel vom Land Kanaan aus. Dieselben Sünden haben den Eintritt des heutigen Israel in das himmlische Kanaan verzögert. In beiden Fällen lag das Problem nicht bei Gottes Verheißungen. Es ist der Unglaube, die Weltlichkeit, mangelnde Hingabe und der Streit unter Gottes bekenntlichem Volk, die uns seit so vielen Jahren in dieser Welt von Sünde und Leid halten.

Im 1903 veröffentlichten Buch Erziehung schrieb sie über „Beschleunigung oder Behinderung“ unserer weltweiten Mission:

Erz 241f. Wer überlegt, was die Beschleunigung oder Behinderung der Evangeliumsverkündigung wohl für Folgen haben könnte, tut dies meist im Hinblick auf die Welt und sich selbst. Wenige denken dabei an Gott …

Unsere Welt ist ein großes Krankenlager, sie bietet ein Bild des Elends, das wir nicht in unsere Gedankenwelt aufzunehmen wagen. Sähen wir sie so, wie sie wirklich ist, dann wäre die Belastung zu schrecklich. Doch Gott fühlt bei allem mit. Um die Sünde und ihre Auswirkungen zu vernichten, gab er sein Liebstes dahin. Er hat uns die Macht gegeben, in Zusammenarbeit mit ihm dieses Trauerspiel zum Abschluss zu bringen.

Wenn Gott es in unsere Macht gelegt hat, als seine Mitarbeiter das Trauerspiel dieser Welt zu beenden, dann tragen wir und unsere Vorväter auch die Verantwortung für dessen unnötige Verlängerung und die damit verbundene Tragik. Diese Erkenntnis sollte für uns ein heilsamer Schock sein und uns zu „eifriger Buße“ aufrütteln!

1. Als unser Herr und Erlöser der Adventgemeinde sagte: „Sei nun eifrig und tue Buße!“ (Off 3,19), hat er gewollt, dass diese Buße das ganze Leben der Gläubigen erfasst.

Vordergründig beginnt die erste These mit der Buße, weil Luthers 95 Thesen damit begannen. Auch die Formulierung ist Luthers These entlehnt. Hintergründig ist Buße ein unverzichtbarer, aber unterschätzter Bestandteil des Evangeliums, denn ein Mangel an echter Reue lässt die Kraft des Evangeliums gar nicht erst zur Entfaltung kommen. Sowohl Johannes der Täufer als auch Jesus begannen daher ihre Verkündigung mit dem Aufruf an Gottes Volk zur Buße, ebenso die ersten Christen nach Pfingsten.

Mt 3,1 In jenen Tagen aber kommt Johannes der Täufer und predigt in der Wüste von Judäa

2 und spricht: Tut Buße! Denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen.

Mt 4,17 Von da an begann Jesus zu predigen und zu sagen: Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen!

Apg 2,37 Als sie aber das hörten, drang es ihnen durchs Herz, und sie sprachen zu Petrus und den anderen Aposteln: Was sollen wir tun, ihr Brüder?

38 Petrus aber sprach zu ihnen: Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden! Und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.

Auch die Botschaft an die letzte der sieben Gemeinden lautet: „Sei nun eifrig und tue Buße!“ Im Neuen Testament bezieht sich „Eifer“ (griech. zelos) meist auf eine Beziehung und wird entsprechend auch mit „Eifersucht“ oder „Neid“ wiedergegeben. Eifersucht will die Exklusivität – sie ist nicht bereit, eine Person mit jemand anders zu teilen. Gott ist mit seinem Volk eine exklusive Beziehung eingegangen: eine Ehe (2Kor 11,2). Er hat alles für seine Braut gegeben, und dieselbe ungeteilte Hingabe wünscht er sich von ihr: „Eifer“ für den Einen, Abkehr von allen „anderen Göttern“ (2Mo 20,3). Nur in dieser Entschiedenheit hat der Ehebund mit Gott Zukunft. Die Ungeteiltheit in der Beziehung mit Christus ist der Adventgemeinde verloren gegangen, und sie wieder herzustellen, ist Aufgabe des göttlichen Briefes an Laodizea (Off 3,15-22).

Die Adventgläubigen nach 1844 hatten die Laodizea-Botschaft zuerst auf die sonntaghaltenden Kirchen angewandt. Doch bereits 1852 schrieb Ellen White über die damaligen Adventisten, diese Botschaft sei „eine perfekte Beschreibung ihres gegenwärtigen Zustands“ (RH, 10.6.1852). 1857 erhielt sie eine ausführliche Vision über Laodizea, in der es u. a. heißt:

FS 257 Ich sah, dass das Zeugnis des treuen Zeugen [die Laodizea-Botschaft] nicht halb beachtet worden ist. Das ernste Zeugnis, von dem das Schicksal der Gemeinde abhängt, ist nur oberflächlich geschätzt, wenn nicht gänzlich missachtet worden. Dieses Zeugnis muss tiefe Reue bewirken; alle, die es wirklich annehmen, werden ihm gehorchen und gereinigt werden.

Ein Mangel an „Gehorsam und Reinheit“ im Leben deutet demnach auf ein tieferes Problem hin, nämlich dass „tiefe Reue“ fehlt.