70. Wenn Gottes Wort „ein Hammer ist, der Felsen zerschmettert“ (Jer 23,29) – der Fels ist Christus, der um unserer Schuld willen zerschmettert wurde –, dann kann es auch unser hartes Herz zerbrechen und uns zu neuen Menschen machen.

Gottes Wort an die ersten Menschen war:

1Mo 2,17 Vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, davon darfst du nicht essen; denn an dem Tag, da du davon isst, musst du sterben!

Dieses Wort war so mächtig, wahr und unaufhaltsam, dass es Gott selbst – in Gestalt Seines Sohnes – das Leben kostete. Das Kreuz bezeugt daher die ewige, ausnahmslose, unveränderliche Kraft von Gottes Wort. Doch so sicher wie Gottes Androhung im Paradies ist auch Seine Verheißung der Erlösung nach dem Fall! So betrachtet kann uns sogar das furchtbare Leid auf diesem Planeten daran erinnern, dass Gottes Wort immer und uneingeschränkt in Erfüllung geht und dass daher auch Seine Gnadenzusagen ganz und gar Wirklichkeit werden. Wir dürfen uns voll und ganz darauf verlassen.

Der „Felsen zerschmetternde Hammer“ hört sich recht drastisch an. Doch tatsächlich ist es ja die Erkenntnis der Liebe Gottes, die unser Herz weich werden lässt – wenn wir sehen, dass Er unsere verdiente Strafe auf sich selbst nimmt, um uns zu schonen.

Hes 11,19 Und ich werde ihnen ein Herz geben und werde einen neuen Geist in ihr Inneres geben, und ich werde das steinerne Herz aus ihrem Fleisch entfernen und ihnen ein fleischernes Herz geben.

Der Heiland wurde um unsertwillen „zerschmettert“, und wenn uns dies bewusst wird, werden wir selbst – wenn wir es zulassen – „zerschmettert“: Wir zerbrechen innerlich vor Gott, lassen unsere Selbstgerechtigkeit los und empfangen dankbar das Geschenk Seiner Liebe, die durch den Heiligen Geist in unser Herz ausgegossen wird.

Lk 20,18 Jeder, der auf jenen Stein [Christus] fällt, wird zerschmettert werden; auf wen er aber fallen wird, den wird er zermalmen.

Ist uns bewusst, wie viel Kraft entfesselt wird, wenn Gott spricht, und zwar zu unseren Gunsten spricht? Alle sieben Tage haben wir eine besondere Gelegenheit, uns dies eindrücklich vor Augen zu halten. Gott hat uns diese Welt und den Bericht ihrer Erschaffung als Beweis der unbegrenzten Macht Seines Wortes gegeben. Dasselbe Wort spricht jetzt voller Liebe und Mitgefühl für unsere Schwachheiten, um alle unsere Sünden abzuwaschen und neue Menschen in Christus hervorzubringen, wunderschön gestaltet nach Seinem edlen Vorbild. Jeder Sabbat soll uns daran erinnern, dass der, der alles ins Sein gerufen hat, Derselbe ist, der uns durch den Glauben zu neuen, heiligen, untadeligen Geschöpfen macht. Unser Schöpfer ist unser Erlöser, und wenn wir das verinnerlichen, wird es zu einer mächtigen Quelle des Trostes und der Zuversicht. Das ist der tiefste Sinn unserer Sabbatfeier, und das ist Anbetung im besten Sinne. Das ist wahrer Siebenten-Tags-Adventismus und wird darüber entscheiden, wer zuletzt das Siegel Gottes und wer das Malzeichen des Tieres tragen wird.

67. Gottes Wort ist nicht nur Wahrheit, es schafft Wahrheit. Dasselbe göttliche Wort, das den Menschen gerecht spricht, macht ihn auch gerecht.

Ich wiederhole einen Text aus These 11:

Jes 55,10 Denn wie der Regen fällt und vom Himmel der Schnee und nicht dahin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt, sie befruchtet und sie sprießen lässt, dass sie dem Sämann Samen gibt und Brot dem Essenden,

11 so wird mein Wort sein, das aus meinem Mund hervorgeht. Es wird nicht leer zu mir zurückkehren, sondern es wird bewirken, was mir gefällt, und ausführen, wozu ich es gesandt habe.

Ein lieber Bruder, der seine Mühe mit diesen Thesen hatte und dabei war, als ich sie in einer Gemeinde vorstellte, meinte spontan, als ich diese These vorlas: „Die hättest du an den Anfang stellen sollen!“ Und ja, vielleicht hätte ich das tun sollen – nicht mit der „schweren Buße“ beginnen, sondern mit der unglaublichen erlösenden Macht Gottes.

Diese These fasst tatsächlich zusammen, was Erlösung bedeutet: Gott spricht, und es geschieht – wie bei der Schöpfung, so bei der Neuschöpfung. Gott schafft durch Sein Wort: bei der Schöpfung durch das göttliche Wort (Christus; Joh 1,3), bei der Neuschöpfung durch das fleischgewordene Wort (ebenfalls Christus; V. 14). Christus, „das Wort“, verschafft uns einen neuen Status vor Gott (Rechtfertigung), und Christus, „das Wort“, macht uns zu neuen Menschen (Wiederherstellung). Er ist das Alpha und das Omega unseres Heils, der Anfänger und der Vollender.

1Kor 1,30 Aus ihm [Gott] aber kommt es, dass ihr in Christus Jesus seid, der uns geworden ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung.

Röm 8,32 Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat: wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?

Kol 2,3 In [Christus] sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen …

9 Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig;

10 und ihr seid in ihm zur Fülle gebracht.

Der kleine, aber folgenschwere Unterschied zwischen der ersten und der zweiten Schöpfung durch „das Wort“ ist, dass Adam und Eva nicht gefragt wurden, ob sie geschaffen werden möchten, wir aber durchaus, und zwar bei jedem einzelnen Schritt des göttlichen Schaffensprozesses. Dass Gott Vollkommenheit in einem Nu hervorbringen kann, bewies er bei der ersten Schöpfung des Menschen. Der begrenzende Faktor bei der zweiten Schöpfung ist nicht Gottes Macht, sondern der menschliche Wille. Gott wartet immer auf unsere Zustimmung, bevor Er an uns handelt – Seine Liebe führt Ihn dazu, unsere persönliche Freiheit niemals anzutasten, weil wir nur als freie Wesen Ihm mit echter, tiefer Liebe antworten können. Um aber echte Zustimmung von uns zu erlangen, muss Gott uns erst zur Einsicht führen.

Die Voraussetzung von Erkenntnis (vom Guten überzeugt werden) und Entscheidung (der Erkenntnis folgen und sich Gott übergeben) können das Wachsen und Reifen des neuen Menschen zu einem langwierigen, manchmal mühsamen Prozess machen:

Jes 43,24 Du hast mir Arbeit gemacht mit deinen Sünden …

Doch für Christus ist jeder Einzelne von uns so kostbar und einzigartig, dass wir Ihm jede Mühe wert sind. Er betrachtet uns mit inniger, unerschütterlicher Liebe und ist bereit, diesen Weg geduldig mit uns zu gehen! Dabei treibt Ihn die tiefe Sehnsucht an, am Ende eine Braut und Geliebte in makelloser Schönheit zu sich nehmen zu können, an deren Seite Er die Ewigkeit verbringen will.

Eph 5,25Christus (hat) die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben,

26 um sie zu heiligen, sie reinigend durch das Wasserbad im Wort,

27 damit er die Gemeinde sich selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei.

Würde Gott einen Menschen gerecht sprechen, ohne ihn auch gerecht zu machen, würde Er zum Lügner. Doch die Schrift sagt, dass Gott nicht lügen kann und eher Himmel und Erde untergehen würden, als dass Sein Wort sich nicht erfüllte!

Mt 24,35 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.

Ps 119,89 In Ewigkeit, HERR, steht dein Wort fest in den Himmeln.

Im Wort selbst liegt die schöpferische Kraft, Wirklichkeit zu schaffen. Die materielle Erde ist der „wandelnde“ und rotierende Beweis für diese Kraft, und diese erste Schöpfung ist Gottes mächtigster, weltweiter Zeuge dafür, dass dieselbe Kraft im geistlichen Bereich wirkt und eine neue Realität schafft. Deshalb kann Paulus sagen, dass die Schöpfung Gottes „ewige Kraft“ offenbart und alle Menschen „ohne Entschuldigung“ sind, wenn sie „Gottes Kraft“ in Form des Evangeliums ablehnen und damit auch „Gottes Gerechtigkeit“ verwerfen, die ihnen im Evangelium angeboten wird und „jedem Glaubenden“ zugesprochen und verliehen wird:

Röm 1,16 Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht, ist es doch Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen.

17 Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin geoffenbart aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“ …

20 Denn sein unsichtbares Wesen, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, wird seit Erschaffung der Welt in dem Gemachten wahrgenommen und geschaut, damit sie ohne Entschuldigung seien.

Das Wunder der Erlösung geschieht nur dann, wenn das gehörte Wort Gottes auf Glauben trifft:

Heb 4,2 Auch uns ist eine gute Botschaft [„Evangelium“] verkündigt worden, wie auch jenen; aber das gehörte Wort nützte jenen nicht, weil es bei denen, die es hörten, sich nicht mit dem Glauben verband.

MB 150 Nimm dir im Herzen vor, dem zu gehorchen, was du vom Wort Gottes weißt. Seine Kraft, ja sein Leben wohnt in seinem Wort. Nimmst du das Wort im Glauben auf, wird es dir Kraft zum Gehorsam schenken.

57. Allein der Glaube an das nackte Wort Gottes, selbst gegen alle Erfahrung, verschafft dem Menschen Eingang ins Himmelreich. Das war der Glaube von Abraham, Jesus und Luther, und dies wird auch der Glaube „der Übrigen“ sein, „welche die Gebote Gottes halten“ (Off 12,17).

Es ist schon rätselhaft, dass wir so unbeirrt lieber unsere eigene Erfahrung rechtfertigen, statt Gottes Rechtfertigung zu erfahren. Das ist „empirische Theologie“ in direktem Gegensatz zum Glaubensvorbild Abrahams und die Essenz des „Menschen der Sünde“ (2Thess 2,3), der, statt sich selbst zu ändern, lieber Gottes Maßstab für Gerechtigkeit (= das Gesetz) ändert. In gewisser Hinsicht ist das Papsttum weit weg in Rom, was es leicht macht, Vorträge über Daniel 7 und 8 zu halten und etwa die katholische Veränderung der Zehn Gebote aufzudecken. Bei genauerer Betrachtung aber steckt in jedem von uns die gleiche Mentalität der Eigengesetzlichkeit, weil sie Teil unserer gefallenen Natur ist, die Gott und Seinen Ordnungen feindlich gegenübersteht. Die Frage ist daher: Rechtfertigen wir wirklich Gott und Sein Gesetz, oder rechtfertigen wir womöglich uns und unsere Gesetzlosigkeit?

In einem Lektionsgespräch stellte eine liebe Teilnehmerin mit Nachdruck fest, wir würden unser Leben lang Sünder bleiben. Als ich nachfragte, ob sie diese Überzeugung aus ihrer Erfahrung gewonnen habe oder aus dem Wort Gottes, wich sie aus. Das überraschte mich nicht, denn die Bibel lehrt gerade das Gegenteil: Befreiung aus der Macht der Sünde und Beherrschung aller zerstörerischen Neigungen durch ein Leben im Heiligen Geist.

Es ist zwar keine angenehme Schlussfolgerung, aber tatsächlich ist eine Theologie, die die eigene Erfahrung zum Maßstab für das Bibelverständnis macht, prinzipiell nicht besser als die sinnesbetonten Erlebnisse eines Charismatikers oder des Besuchers einer katholischen Messe. Sie alle setzen ihr eigenes Erleben höher an als das klare Wort Gottes. Beachten wir dagegen die Qualität des Glaubens Abrahams – gegen alle Erfahrung und menschliche Vernunft:

Röm 4,17 (Schlachter) … vor Gott, dem er [Abraham] glaubte, der die Toten lebendig macht und dem ruft, was nicht ist, als wäre es da.

18 Er hat da, wo nichts zu hoffen war, auf Hoffnung hin geglaubt, dass er ein Vater vieler Völker werde, gemäß der Zusage: “So soll dein Same sein!”

19 Und er wurde nicht schwach im Glauben und zog nicht seinen Leib in Betracht, der schon erstorben war, weil er fast hundertjährig war; auch nicht den erstorbenen Mutterleib der Sara.

20 Er zweifelte nicht an der Verheißung Gottes durch Unglauben, sondern wurde stark durch den Glauben, indem er Gott die Ehre gab

21 und völlig überzeugt war, dass Er das, was Er verheißen hat, auch zu tun vermag.

22 Darum wurde es ihm auch als Gerechtigkeit angerechnet.

Dieser Abschnitt ist so tief und deutlich, dass er allein schon das ewige Evangelium verständlich macht. Abrahams Glaube bestand darin, Gott alles zuzutrauen, was Er versprochen hatte, vollkommen unabhängig von äußeren Umständen und inneren Unmöglichkeiten. Es war bedingungsloses Vertrauen. Diese Art Glaube war die Grundlage seiner „angerechneten Gerechtigkeit“ (V. 22). Und die Bibel beschreibt Abrahams Glauben deshalb so ausführlich, weil er zeigt, von welcher Qualität unser Glaube sein muss, wenn uns die gleiche Gerechtigkeit angerechnet werden soll:

Röm 4,23 Es steht aber nicht allein um seinetwillen geschrieben, dass es ihm angerechnet worden ist,

24 sondern auch um unsertwillen, denen es angerechnet werden soll, wenn wir an den glauben, der unseren Herrn Jesus aus den Toten auferweckt hat …

Dieser Glaube anerkennt, dass Gott nichts unmöglich ist, weil Er sogar in der Lage ist, Tote aufzuerwecken und aus dem Nichts zu schaffen (V. 17.24). Das Thema der Totenauferweckung ist auch in anderen Bibelabschnitten zentral, weil sie Gottes unbegrenzte Macht demonstriert, alles in uns hervorzubringen, was Ihm gefällt, völlig unabhängig von der „Qualität des Ausgangsmaterials“ (unserem sündigen Wesen)!

Kol 2,11 In ihm seid ihr auch beschnitten worden mit einer Beschneidung, die nicht mit Händen geschehen ist, sondern im Ausziehen des fleischlichen Leibes, in der Beschneidung des Christus,

12 mit ihm begraben in der Taufe, in ihm auch mit auferweckt durch den Glauben an die wirksame Kraft Gottes, der ihn aus den Toten auferweckt hat.

13 Und euch, die ihr tot wart in den Vergehungen und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, hat er mit lebendig gemacht mit ihm, indem er uns alle Vergehungen vergeben hat.

Eph 1,18 Er erleuchte die Augen eures Herzens, damit ihr wisst, was die Hoffnung seiner Berufung, was der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen

19 und was die überragende Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, ist, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke.

20 Die hat er in Christus wirksam werden lassen, indem er ihn aus den Toten auferweckt und zu seiner Rechten in der Himmelswelt gesetzt hat …

Der Wunsch von Paulus nach „Erleuchtung“ für die Epheser in Vers 18 und 19 ist ungemein wichtig für uns heute – eine Gemeinde, die Jesus „blind“ nennt: Gott muss unsere inneren Augen erleuchten, damit wir erkennen, zu was für einer überreichen Hoffnung wir eigentlich berufen sind (zu einem vollkommenen, christusähnlichen Charakter = das weiße Kleid) und wie „überragend groß die Kraft“ ist, die in uns zum Wirken kommt, wenn wir glauben (= von Jesus Gold kaufen – den festen Glauben an Gottes unbegrenzte Möglichkeiten zu unserem Heil). Dies ist „der Glaube Jesu“, und er führt zum vollständigen „Halten der Gebote Gottes“ (Off 14,12). Erst wenn wir zu diesem Glauben finden, indem wir ihn von Christus empfangen, können wir die uns zugewiesene Rolle als Endzeitgemeinde einnehmen und das „ewige Evangelium“ um die ganze Welt tragen.

Ellen White schrieb 1893 sehnsüchtig klagend:

1888M 1099 O, warum erhebt sich Christi Gemeinde nicht und legt ihre wunderschönen Gewänder an? Warum leuchtet sie nicht? Der wesentliche Grund für so ein schwaches Christentum ist, dass diejenigen, die angeblich die Wahrheit glauben, Christus so wenig kennen und eine so geringe Vorstellung davon haben, was Er für sie sein möchte und was sie durch Ihn sein können. Wir haben die feierlichsten, bedeutsamsten Wahrheiten, die je Sterblichen anvertraut worden sind. Wären unsere Worte, unsere Gedanken, unsere Taten reiner und erhabener, mehr in Übereinstimmung mit dem heiligen Glauben, den wir bekennen, dann würden wir unsere Verantwortung in einem ganz anderen Licht sehen. Wie feierlich, wie heilig würde sie erscheinen! Wir hätten ein tieferes Bewusstsein unserer Pflichten und würden es zu unserem beständigen Ziel machen, die Heiligkeit in der Furcht Gottes zu vollenden.