38. Der Erlösungsplan besteht darin, dass Gott uns vollständige Sündenerkenntnis schenkt, um uns dann, wenn wir darum bitten, vollkommen zu vergeben und damit ungeteilte Liebe zu Gott in uns zu wecken, die zu dem Wunsch führt, Gottes Wesenszüge vollständig nachzuahmen, woraufhin der Heilige Geist völligen Gehorsam in unser Herz legt, aus dem sich schließlich ein vollkommener Charakter entwickelt, der uns zu voller Gemeinschaft mit Gott in der Ewigkeit befähigt.

Der Erlösungsplan ist in allen seinen Phasen und Aspekten vollkommen, weil hinter seiner Entstehung und Verwirklichung ein vollkommener Gott steht. Seine Handschrift trägt er, und Sein Wesen bezeugt er – den überragenden Reichtum Seiner Liebe, Gnade und rettenden Macht.

5Mo 32,4 Der Fels: vollkommen ist sein Tun; denn alle seine Wege sind recht. Ein Gott der Treue und ohne Trug, gerecht und gerade ist er!

2Sam 22,31 Gott – sein Weg ist vollkommen; des HERRN Wort ist lauter; ein Schild ist er allen, die sich bei ihm bergen.

Pred 3,14 Ich habe erkannt, dass alles, was Gott tut, für ewig ist; man kann nichts hinzufügen und nichts davon wegnehmen; und Gott hat es so gemacht, damit man ihn fürchte.

Jak 1,17 Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei dem keine Veränderung ist noch eines Wechsels Schatten.

Mt 5,48 Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.

Ein vollkommener Gott bringt niemals etwas Unvollkommenes hervor. Die zweite Schöpfung wird nicht weniger perfekt sein als die erste. Diese biblische Tatsache zu bestreiten oder zu beschränken, beweist nicht Demut oder Bescheidenheit, sondern schlicht Unkenntnis oder Unglauben. Durch mangelnden Glauben an unsere sittliche Vervollkommnung vereiteln wir die überschwänglichen Absichten des Himmels mit dem Menschen und enthalten Gott die Ihm zustehende Ehre und Herrlichkeit vor.

DA 671 Die Vervollkommnung des Charakters seines Volkes ist eine Ehrensache für Gott, eine Ehrensache für Christus. (vgl. LJ 670)

Off 14,7 Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre!

Die größte Ehre für einen Arzt sind gesunde Patienten, und die größte Ehre für den Erlöser sind erlöste Sünder – vervollkommnete Menschen! Du kannst Gott keine größere „Ehre geben“, als dein sündiges Leben und Wesen zu Seinen Füßen zu legen und zu sagen: „Tu damit, was immer Dir gefällt.“ Gott steht zu Seinem Wort, uns zu vervollkommnen, ja Er hat sogar Seine persönliche Ehre von der Erreichung dieses Zieles abhängig gemacht. Nichts und niemand kann Ihn davon abhalten – schenke Ihm einfach dein ganzes Vertrauen!

7. Sündenerkenntnis ist die natürliche Folge wahrer Gotteserkenntnis. Es ist die Erkenntnis von Gottes Güte, die Reue im Herzen aufbrechen lässt (Röm 2,4).

In einem Nürnberger U-Bahnhof haben die Erbauer an der Wand den Spruch abgebildet: „Lernen heißt vergleichen.“ Dass wir Sünder sind (und was das heißt), lernen wir, wenn wir uns mit dem Sündlosen vergleichen – Christus. Das war einer der Gründe, warum der Sohn Gottes kommen und der Menschheit das wahre Wesen Gottes offenbaren musste. Wenn wir uns mit anderen Menschen vergleichen, mögen wir gut abschneiden. Wenn wir uns mit Jesus vergleichen, erkennen wir uns als Sünder – allerdings nur, wenn wir die Herrlichkeit Seines Charakters wirklich wahrnehmen; ansonsten werden wir wie damals die jüdischen Führer an unserer Selbstgerechtigkeit festhalten.

Paulus schreibt, dass es Gottes Güte ist, die unser Herz weich macht und zur Reue führt:

Röm 2,4 Oder verachtest du den Reichtum seiner Gütigkeit und Geduld und Langmut und weißt nicht, dass die Güte Gottes dich zur Buße leitet?

Wir finden das gleiche Prinzip im Alten Testament in dem bekannten Vers:

Spr 25,21 Wenn dein Hasser Hunger hat, gib ihm Brot zu essen, und wenn er Durst hat, gib ihm Wasser zu trinken!

 22 Denn glühende Kohlen häufst du auf sein Haupt, und der HERR wird es dir vergelten.

Die „glühenden Kohlen“ spielen auf den Heiligtumsdienst an. Als Jesajas Mund mit einer glühenden Kohle vom Altar berührt wurde, empfing er Reinigung und Vergebung (Jes 6,5-7). In gleicher Weise wird unverdiente Güte – Brot und Wasser von jemandem, den er schlecht behandelt hat – das „Haupt“ eines bösen Menschen reinigen, d. h. ihn zum Umdenken und zur Buße bringen (das griechische Wort metanoia für Buße bedeutet wörtlich „Umdenken“). Gott hat uns geliebt, als wir noch Feinde waren, und diese völlig unerwartete Güte trotz unserer Bosheit weckt in uns Gegenliebe.

Röm 5,8 Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder [V. 10: Feinde] waren, für uns gestorben ist.

1Joh 4,19 Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat.

6. Eine innere Haltung der Reue entsteht nur durch Sündenerkenntnis.

Davids bewegende Bußpsalmen entstanden erst, als der Prophet Nathan ihm durch ein Gleichnis die Augen für seine große Schuld geöffnet hatte. Über das Volk Israel schreibt Jeremia:

Jer 31,19 Nach meiner Umkehr empfinde ich Reue, und nachdem ich zur Erkenntnis gelangt bin, schlage ich mir auf die Lenden.

Jesus deutet das Gleiche in den Seligpreisungen an, die den Weg des Sünders zu Gott vorzeichnen. Die erste Seligpreisung beschreibt Sündenerkenntnis (die eigene geistliche Armut), die zweite Reue (Trauer):

Mt 5,3 Glückselig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel.

4 Glückselig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.

Die Tatsache, dass der Gemeinde Laodizea Buße fehlt („Sei nun eifrig und tu Buße!“; Off 3,19), bedeutet, dass ihr Sündenerkenntnis fehlt. Doch das Grundproblem ist ein Mangel an Gotteserkenntnis, oder in heutiger Sprache ausgedrückt: ein getrübtes Gottesbild – ein mangelhaftes Verständnis von Gottes Liebe und Gerechtigkeit, was zu falschen Vorstellungen vom Erlösungsplan führt, der ein Spiegelbild von Gottes Charakter ist. Das soll in den nächsten Thesen noch klarer ausgeführt werden.